Grundsätzliches:

Die erste Läufigkeit tritt bei Hündinnen im Alter zwischen sieben und vierzehn Monaten auf. Dabei kommt es anfangs zu einem klaren, später zu einem blutigen Ausfluss aus der Scheide. Zwischen dem zehnten und vierzehnten Tag der Läufigkeit ist die Hündin im Allgemeinen deckbereit und befruchtungsfähig. 

Nach drei Wochen ist die Läufigkeit in aller Regel beendet. Sollte sie länger dauern oder anders farbiger Ausfluss auftreten, sollten Sie die Hündin in der Sprechstunde vorstellen. Durch die Läufigkeit kommt es häufig zu Belästigungen durch Rüden und zu der Gefahr von unerwünschter Trächtigkeit. Um dies zu vermeiden, steht Ihnen die Möglichkeit der Kastration zur Verfügung:

Die Kastration:

Wenn Sie nicht züchten, d. h. keine Welpen von Ihrer Hündin haben möchten,  können Sie sie kastrieren lassen. Bei der Kastration werden die Eierstöcke bzw. bei krankhaften Veränderungen auch die Gebärmutter entfernt. Damit kann eine Läufigkeit nicht mehr auftreten. In Abgrenzung zur Kastration werden bei einer Sterilisation die Eierstöcke abgebunden, um eine Läufigkeit bzw. Trächtigkeit zu verhindern. Eine Sterilisation ist bei Hündinnen nicht sinnvoll, da die Eierstöcke zu Entartungen neigen, was langfristig zur Entwicklung von Tumoren führen kann.

Vorteile der Kastration:

  • Verhinderung der Läufigkeit
  • keine Scheinträchtigkeit mehr, d. h. kein Anschwellen des Gesäuges und keine Milchsekretion → weniger Stress für den Hund 
  • bei früher Kastration (s. Zeitpunkt der Kastration) wird das Risiko des Auftretens von Tumoren im Gesäuge (Mammatumoren) reduziert

Mögliche Nachteile der Kastration:

  • Übergewicht: durch geringeren Energiebedarf bei beinahe gleichbleibendem Nährstoffbedarf steigt das Risiko für Übergewicht; kann durch Futterumstellung und mehr Bewegung kontrolliert werden
  • Harninkontinenz: Besonders bei Hündinnen über 20 kg kann sich, auch Jahre nach der Kastration, eine Harninkontinenz entwickeln (medikamentös behandelbar). Dieses Risiko reduzieren wir in unserer Praxis durch einen weniger invasiven Eingriff, bei dem wir nur die Eierstöcke entfernen. Daher tritt das Problem der Inkontinenz bei von uns operierten Hündinnen nur sehr selten auf.
  • Tumorwachstum: Kastrierte Hündinnen neigen 5-mal häufiger zu einem Tumorwachstum am Herzen, großwüchsige Rassen haben außerdem ein höheres Risiko für bösartige Knochentumore.
  • Fellveränderungen: Durch den nahezu kompletten Wegfall der Geschlechtshormone kann ein vermehrtes Wachstum der Unterwolle (Welpenfell) auftreten, welches pflegeintensiver und anfälliger gegenüber Nässe ist. Nach Bedarf sind evtl. Östrogengaben erforderlich.
  • Schilddrüsenunterfunktion: Eine Kastration ist ein Hauptrisikofaktor für eine unzureichende Schilddrüsenfunktion.
  • Wesensveränderungen: Vor allem ängstliche und unsichere Hündinnen werden nach einer Kastration meist noch ängstlicher und können vereinzelt sogar zu aggressivem Verhalten neigen.
  • rasseabhängige Nachteile: Deutsche Schäferhunde und Golden Retriever neigen nach einer Kastration zu einem erhöhten Tumorrisiko, außerdem werden häufiger Gelenkserkrankungen bei kastrierten Hunden dieser Rassen festgestellt.

Zurzeit kursieren im Internet viele „neue“ Erkenntnisse zu den Folgen der Kastration. Diese sind leider nicht immer qualifiziert und sollten daher kritisch betrachtet werden. Sollten Sie diesbezüglich Fragen haben, besprechen wir diese gerne mit Ihnen.

Zeitpunkt der Kastration:

Eine möglichst frühe Kastration, d. h. bereits vor der ersten Läufigkeit, im Alter von fünf bis sechs Monaten verringert zwar das Risiko des späteren Auftretens von Mammatumoren erheblich, allerdings erhöht sich dadurch das Risiko für Gelenkserkrankungen im späteren Lebensverlauf.

Kastriert man nach der ersten Läufigkeit, kann man das Auftreten von Mammatumoren nur noch geringgradig beeinflussen. Eine Kastration, die nach der zweiten oder einer späteren Läufigkeit erfolgt, hat leider in dieser Hinsicht gar keinen Einfluss mehr.

Unabhängig vom Risiko für Mammatumoren ist der optimale Zeitpunkt für eine Kastration immer ca. drei Monate nach der letzten Läufigkeit.

Aufgrund der oben genannten vielfältigen Einflussfaktoren je nach Rasse beziehungsweise Größe des Hundes sollte für jede Hündin ein individueller Zeitpunkt für die Kastration bestimmt werden. Eine neue Studie gibt erstmals präzise Empfehlungen für verschiedene Hunderassen vor, die man bei der Entscheidung zur Kastration berücksichtigen sollte. Ist die Rasse Ihrer Hündin in der Tabelle nicht aufgeführt, sprechen Sie uns gerne an.

  Zeitpunkt Kastration
Hunderasse nicht kastrierenegal> 6 Monate> 11 Monate> 23 Monate
Australian Cattle Dog           ✔   
Australian Shepherd      ✔    
Beagle      ✔    
Bernersennenhund      ✔   
Bernhardiener           ✔  
Border Collie             ✔ 
Boston Terrier       ✔   
Boxer              ✔
Bulldog       ✔   
Cavalier King Charles Spaniel       ✔   
Chihuahua      ✔   
Collie             ✔ 
Dackel       ✔   
Deutscher Schäferhund               ✔
Deutsche Dogge      ✔   
Dobermann                    ✔
English Springer Spaniel              ✔ 
Golden Retriever        ✔    
Irish Wolfhund      ✔   
Jack Russel Terrier       ✔   
Labrador Retriever              ✔ 
Malteser      ✔   
Miniatur Schnauzer        ✔   
Mops      ✔   
Pudel, Zwerg-; Mittel-; Groß-        ✔   
Rottweiler           ✔  
Sheltie              ✔
Shih Tzu              ✔ 
Welsh Corgi      ✔    
West Highland White Terrier     ✔    
Yorkshire Terrier     ✔   
Zwergspitz     ✔   

All diese genannten Punkte zeigen unserer Ansicht nach deutlich, dass eine Kastration immer eine Einzelfallentscheidung sein muss. Jede:r Hundebesitzer:in sollte für sich und seine Hündin entsprechend der eigenen Lebenssituation und Überlegungen eine Entscheidung treffen. 

Jede Entscheidung sollte immer individuell für Ihr Tier getroffen werden. Sprechen Sie uns an – wir beraten Sie gerne!

Studie: Hart BL, Hart LA, Thigpen AP and Willits NH (2020) Assisting Decision-Making on Age of Neutering for 35 Breeds of Dogs: Associated Joint Disorders, Cancers, and Urinary Incontinence. Front. Vet. Sci. 7:388. Online unter: https://www.frontiersin.org/articles/10.3389/fvets.2020.00388/full